Ratssitzung vom 29.01.2009

TOP 1
Erster Tagesordnungspunkt ist die Feststellung des Mandatsverzichts sowie Sitzverlustes der langjährigen Ratsfrau Gisela Witte (Bündnis 90/Die Grünen).

TOP 2
Zweiter Tagesordnungspunkt ist die Einführung und Verpflichtung des für sie berufenen Nachfolgers Karl-Heinz Kubitza.

TOP 2a
Unter TOP 2a geht es um die Dringlichkeitsanfrage der SPD zum “Rahmenkonzept für offene Ganztagsschulen in Braunschweig”. SPD-Fraktionsvorsitzender Manfred Pesditschek trägt die Dringlichkeitsanfrage vor. Im Kern stellt die SPD darin die Frage, ob die von der Stadt Braunschweig erhobenen Teilnahmeentgelte nach 15 Uhr von 15 Euro monatlich bzw. nach 16 Uhr von 30 Euro monatlich pro Kind an den Ganztagsschulen mit dem niedersächsischen Schulgesetz vereinbar seien. Denn das Schulgesetz sehe vor, dass der Schulbesuch grundsätzlich kostenlos ist. Schuldezernent Wolfgang Laczny erwidert für die Verwaltung kurz und knapp, die Braunschweiger Regelung sei rechtskonform. Auch auf die Zusatzfrage von Pesditschek, ob nicht das Land angeblich eine Änderung verlange, antwortet der Schuldezernent: Alles sei rechtskonform, man werde nichts ändern. Die Ratsfrau Gisela Ohnesorge (Die Linke) will in ihrer Zusatzanfrage wissen, ab wann in Braunschweig sowohl Horte als auch Schulen entgeltfrei werden. BIBS-Ratsherr Peter Rosenbaum fragt, um welche Beträge es sich bei einer Gebührenfreiheit überhaupt handeln würde. Beide Zusatzfragen werden von der Verwaltung schriftlich beantwortet.

TOP 3
Unter TOP 3 folgt dann die Debatte um die Errichtung einer 4. IGS und Planung einer 5. IGS. Dezernent Laczny erklärt für die Verwaltung, die ermittelten Zahlen im Rahmen der Elternbefragung sprächen deutlich für eine 4. IGS. Der Standort Volkmarode sei dafür am besten geeignet. SPD-Ratsherr Uwe Jordan erinnert in seiner Rede noch einmal an die Aktivitäten der “BI für eine 4. IGS in Braunschweig”. Aber auch, wenn eine 4. IGS nunmehr errichtet werde, reichten die Plätze immer noch nicht aus. Deshalb müsse eine 5. IGS im Schuljahr 2010/11 folgen. Peter Rosenbaum (BIBS) beginnt seine Rede mit der Feststellung, dies sei “ein erfreulicher Tag”: Die 4. IGS stehe fest, die fünfte befinde sich in den Startlöchern. Es sei begrüßenswert, dass die Verwaltung jetzt auch neben der Errichtung der 4. IGS die fünfte in ihre Planung mit aufnehme. Das Verbindende müsse deshalb bei der heutigen Ratssitzung im Vordergrund stehen, nicht eventuelle Parteischelte. Gisela Ohnesorge stellt für die Linke klar, dass man eigentlich den Standort Heidberg für eine 4. IGS als richtig erachte. In den Süden gehöre eine IGS, so Ohnesorge, zudem sei der Standort Heidberg als 4. IGS auch für drei Millionen Euro weniger Kosten zu realisieren. Die Grünen-Ratsfrau Cornelia Rohse-Paul wiederum spricht sich für den Standort Volkmarode aus. Die Immobilie sei für “das pädagogische Konzept gut geeignet”. Allerdings werde man bei den Grünen darauf achten, ob die Verkehrs AG auch für gute Verbindungen sorge. Das seien gerade “spannende Zeiten”, so Rohse-Paul: “Packen wir die 5. IGS an!” BIBS-Ratsfrau Heiderose Wanzelius erinnert noch einmal an die Auswirkungen der Pisa-Studien und an jüngste Feststellungen von Experten, die belegten, dass Gymnasien Schulen für Professorenkinder seien. IGSen hingegen würden Kinder stärken und ihnen Lebensentwürfe vermitteln. Und auch gerade für Migrantenkinder seien sie wichtig, da die bekanntlich nur ganz geringe Chancen hätten, ein Abitur zu machen. Was die Wahl des Standortes betrifft, weist Wanzelius in ihrer Rede darauf hin, dass der Aspekt der Armut überhaupt nicht berücksichtigt wurde: So sei die Inanspruchnahme des Schulkostenfonds (Volkmarode 3%, Heidberg 30%), die das soziale Ungleichgewicht in der Stadt deutlich widerspiegele, ganz offensichtlich nicht in die IGS-Standortwahl mit eingeflossen.

Dann tritt der Linke-Fraktionsvorsitzende Udo Sommerfeld ans Mikrofon und weist den Ratsvorsitzenden auf die Geschäftsordnung hin: Dem Rat müsse zuerst der Beschluss des Verwaltungsausschussses (VA) vorgetragen werden (Anmerkung: Der VA hatte 15 Minuten vor Beginn der Ratssitzung kurz zum Thema IGSen getagt). Nachdem der Ratsvorsitzende Karl Grziwa (CDU) etwas verwundert erwidert, man sei doch mitten in der Debatte, bittet auch SPD-Fraktionschef Pesditschek um endültige Aufklärung, worüber man denn jetzt abstimme?! Antwort Grziwa: Die Ratssitzung wird für 15 Minuten unterbrochen.

Nach der Unterbrechung teilt Grziwa mit: Der VA habe die Beschlussempfehlung des Schulausschusses mehrheitlich (5 Stimmen dafür, 4 Gegenstimmen, 1 Enthaltung) übernommen (Anmerkung: Dort heißt es, die 4. IGS solle am Standort Volkmarode errichtet und für die Errichtung einer 5. IGS zum Schuljahr 2010/11 sollen umgehend alle notwendigen Schritte eingeleitet werden).

Manfred Pesditschek nimmt sich dann in seinem Wortbeitrag des Schuldezernenten Wolfgang Laczny an. Da habe es zuerst geheißen, die Verwaltung favorisiere den Standort Rüningen, dann jedoch habe sie Volkmarode vorgeschlagen: Am Ende eine Entscheidung, die er für falsch erachte, da es der Süden sei, der eine IGS nötig habe. Weswegen der Standort Heidberg die richtige Wahl gewesen wäre. Da das Land nur den Rahmen vorgebe, die Stadt bei der Standortfrage aber den Bedürfnissen der Eltern nachgehen müsse, hätte es also eigentlich zu einer Errichtung einer 4. IGS im Süden kommen müssen. Hinter dem Entscheid für Volkmarode als Standort vermutet Pesditschek zudem “Taktik”. Hier werde “getrickst und vernebelt”, so der Fraktionsvorsitzende. Womöglich spekuliere man darauf, dass die Eltern auf Grund der langen Anfahrtszeiten für die Schüler ihre Kinder “dort nicht hinschicken würden”. Überhaupt falle der Schuldezernent durch eine Vorgehensweise auf, die in der Verwaltung einzigartig sei. So würden Sitzungstermine so spät wie möglich anberaumt und Vorlagen so spät wie möglich verschickt, so dass außer Dringlichkeitsanträgen normale Anträge von den Fraktionen gar nicht mehr fristgerecht eingereicht werden könnten. Und auch der von der Verwaltung vorgelegte Kostenvergleich zur Errichtung einer 4. IGS ist in den Augen von Pesditschek nicht korrekt. Die reinen Kosten für die Errichtung einer IGS würden nämlich nicht wie von der Verwaltung vorgerechnet rund 17,5 Millionen Euro für Volkmarode und ca. 14,5 Millionen Euro für das Schulzentrum Heidberg bedeuten, sondern, so Pesditschek, “Volkmarode: 6,5 Millionen Euro, Heidberg: null. N…u…l…l…!!”

Redebeitrag von Manfred Pesditschek

Schuldezernent Laczny erklärt, er werde sich auf diese Art von Tonfall nicht einlassen. Er wolle hier nur feststellen: Die Verwaltung habe immer alles mitgeteilt und keinerlei Zahlen manipuliert.

Den Tonfall von Pesditschek bezeichnet als nächster Redner auch der FDP-Fraktionsvorsitzende Daniel Kreßner als “nicht zielführend”. In der Sache befürworte auch die FDP eine weitere IGS
, man sei aber für ein nebeneinander “starker Schulen im Wettbewerb”. Forderungen nach fünften, sechsten, siebten IGSen seien reiner Aktionismus. “Ich glaube, es wird eine Entwicklung hin zur fünften IGS geben”, so der Liberale, “aber erst einmal müsse man abwarten, wie sich die 4. IGS etabliert.” Holger Herlitschke von den Grünen betont dann noch einmal, durch die Elternbefragung läge nun der Elternwille vor. Und auch der heutige VA-Beschluss drücke diesen Elternwillen aus. Die einzige Reaktion der Christdemokraten sei aber in dieser Ratssitzung “geistige Windstille”. Stattdessen versuche man mit Geschäftsordnungstricks, die Debatte zu torpedieren. Aber, so der Grünen-Fraktionsvorsitzende: “Die 5. IGS steht vor Ihrer Tür!”

Gisela Ohnesorge (Die Linke) erinnert in ihrem Wortbeitrag daran, dass das dreigliedrige Schulsystem aus dem 19. Jahrhundert stamme. Auch das jetzt bei der CDU diskutierte zweigliedrige Schulsystem sei “nicht das Ei des Kolumbus”, sondern rückwärtsgewandt. Der einzige Redebeitrag aus den Reihen der CDU kommt dann von der Ratsfrau Anke Kaphammel. Für sie ist Volkmarode “nicht der optimale, aber der richtige Standort” für eine 4. IGS. Das Schulzentrum Heidberg müsse so erhalten bleiben. Dort werde “qualitätvolle Arbeit” geleistet. Ein Bedarf für eine 5. IGS sei an den Zahlen zwar ablesbar, das Ergebnis der Elternbefragung zeige aber bis jetzt nur die “Elternwünsche, aber nicht Elternwille”. Den kenne man erst nach den Anmeldezahlen. Belastbare Fakten zur Errichtung einer 5. IGS lägen also nicht vor.

BIBS-Ratsherr Peter Rosenbaum erwidert der CDU-Ratsfrau, sie habe nicht nur in der Vergangenheit so lange es ging weitere IGSen abgelehnt, sie versuche auch jetzt wieder alles, um sie zu verzögern. Anders könne man diese Unterscheidung zwischen “Wunsch und Wille” nicht deuten. Und Kaphammel müsse sich mal überlegen, was so eine Unterscheidung überhaupt bedeute, denke man an die Kreuzchen in den Kästchen bei Wahlen. “Das hier ist ein Votum”, so Rosenbaum. Und deswegen sei sein Appell heute: “Wir sollten einen einstimmigen Beschluss fassen. Der Elternwille liegt vor, folgen Sie dem und machen Sie nicht die Mäzchen der Verwaltung mit!” Sonst komme rechtzeitig zum Bundestagswahlkampf die nächste Unterschriftensammlung.

FDP-Ratsfrau Juliane Lehmann stellt im Anschluss den Antrag zur Geschäftsordnung auf Schließung der Rednerliste. Der Antrag wird mehrheitlich angenommen. Als eine der letzten Rednerinnen auf der Liste betont dann noch einmal Ratsfrau Heiderose Wanzelius für die BIBS, man sei nicht für IGSen aus ideologischen Gründen oder wegen einer Parteizugehörigkeit (die BIBS sei keine Partei) – man sei für IGSen, weil sie bei den Kindern die Persönlichkeiten stärke und ihre sozialen Kompetenzen fördere. Manfred Pesditschek schließlich stellt als letzter Redner in der Debatte klar: “Für und wider Schulformen ist hier gar nicht das Thema.” Es gehe hier darum, den Eltern die Schulwahl zu ermöglichen.

Ratsvorsitzender Grziwa lässt dann abstimmen über die Beschlussempfehlung des VAs vom gleichen Tage (wie schon oben erwähnt, hatte der VA unmittelbar vor der Ratssitzung den Beschluss des Schulausschusses übernommen, in dem schon die Änderungsanträge der SPD und der Grünen bezüglich der Errichtung einer 5. IGS zum Schuljahr 2010/11 aufgenommen wurden). Mit der Mehrheit von CDU und FDP abgelehnt.
Mit Mehrheit abgelehnt wird auch der Änderungsantrag der Linken (Die Linke wollte den Standort Volkmarode durch Heidberg ersetzt sehen), bevor es dann in die letzte und entscheidende Abstimmung geht, bei der es sich um die – wie Ratsvorsitzender Grziwa erinnert – ursprüngliche Verwaltungsvorlage handelt.
Einstimmig angenommen.

Bürgeranfragen
Bürgeranfrage und Stellungnahme der Verwaltung
Einsatz von Auftausalz im Stadtgebiet

Ende der Sitzung um 18h45.