In gehörige Erklärungsnot gerät die Verwaltung während der Sitzung des Bauausschusses am 13.08.2013, als es um den BIBS-Antrag „Instandsetzung der Rolltreppen zur Magnitiefgarage/Hortentunnel“ geht. Der Grund: Die BIBS hat mit ihrem Antrag eine Reparatursumme an die Öffentlichkeit gezerrt, die die Verwaltung intern selber errechnet, aber den Ratsmitgliedern und der Öffentlichkeit verheimlicht hat. Lediglich 127.500 Euro Gesamtkosten würden für die Sanierung der Rolltreppen anfallen (zuzüglich 10.000 Euro für zwei sog. Stufenbruch-Schalter), so steht es in einem verwaltungsinternen Schreiben vom 23. Januar 2013 und ja, dieser Kostenvoranschlag beziehe sich sehr wohl auf „alle vier Fahrtreppen“, heißt es in einem Bestätigungsschreiben auf eine verwaltungsinterne Nachfrage wenige Tage später.
Auf diese Zahlen ist BIBS-Ratsherr Peter Rosenbaum im Rahmen einer Akteneinsicht gestoßen, die angeforderten Kopien aus der Akteneinsicht hat die Fraktion der BIBS anschließend auch den anderen Fraktionen im Rat zukommen lassen. Die Verwaltung hatte bis dato immer nur mit zwei Zahlen öffentlich hantiert: Eine komplette Erneuerung der Rolltreppen würde stolze 1,7 Millionen kosten, ein ersatzloser Abriss sei hingegen für 310.000 Euro zu haben, Letzteres werde man umsetzen, so heißt es seit einer Mitteilung aus dem Mai dieses Jahres. Die Information über die dritte, günstigste und naheliegendste Variante, die Reparatur, wollte die Verwaltung offenbar lieber geheim halten.
“Wie geht eine Stadt mit ihren Bürgern um?“, fragt ob dieser Unterschlagung der kostengünstigsten Variante denn auch BIBS-Ratsherr Henning Jenzen zu Beginn der Debatte im Bauausschuss, „warum ist die Summe den Gremien nicht zur Verfügung gestellt worden, Herr Leuer?“, stellt er den Baudezernenten zur Rede. Außerdem will Jenzen wissen, wie und warum es in der Dezernentenkonferenz zu der rein „politischen Entscheidung“ pro Abriss gekommen sei.
Leuer hält sich bedeckt und lässt lieber die Leiterin des Fachbereichs „Hochbau und Gebäudemanagement“, Michaela Springhorn, antworten. Bei den nunmehr 43 Jahre alten Rolltreppen sei eine „schlichte Reparatur“ nicht mehr wirtschaftlich, so Springhorn, die dem BIBS-Ratsherrn die Antworten auf seine Fragen ansonsten schuldig bleibt.
Sichtlich schlecht gelaunt äußert sich dann das Ausschussmitglied Manfred Pesditschek zum Thema. Für die Informationen, die er durch die Akteneinsicht der BIBS erhalten habe, sei er der BIBS-Fraktion „ausdrücklich dankbar“, er sei aber „selten über eine Information so verärgert gewesen“, teilt Pesditschek mit bitterernstem Gesicht in Richtung Verwaltung mit. Ein Hauptverwaltungsbeamter dürfe solche Fakten nicht zurückhalten, so der SPD-Fraktionschef, die Verwaltung sei zur Auskunft verpflichtet gewesen, sein Vertrauen gegenüber der Verwaltung sei erschüttert, seine Verärgerung ob dieser Angelegenheit bezeichnet Pesditschek als „grundsätzlich“.
Das hängt auch damit zusammen, dass die Verwaltung im Falle einer Erneuerung der Rolltreppen eine Summe von 1,7 Millionen Euro kommuniziert habe, während eine Fachfirma mittlerweile einen Kostenvoranschlag in Höhe von 571.000 Euro vorgelegt habe, wie jetzt jüngst im Stadtbezirksrat Innenstadt durch ein CDU-Mitglied bekannt gemacht geworden sei. Diese Diskrepanz stimmt nicht nur Pesditschek nachdenklich – der Christdemokrat im Stadtbezirk hatte der Verwaltung wegen der Zahlen sogar schwarz auf weiß vorgeworfen, sie habe „durch unrichtige Informationen die Ratsgremien täuschen wollen“.
Sie wolle nicht beurteilen, „ob das Angebot seriös ist“, lässt Springhorn dazu verlauten, Preise lägen bei Angeboten eben „sehr unterschiedlich“, ergänzt Baudezernent Heinz-Georg Leuer, der in dem Zusammenhang noch einmal meint, auch der 1,7 Millionen-Euro-Kostenvoranschlag basiere, soviel er wisse, ja auf einem Angebot. Das hatte die Verwaltung so auch in der Niederschrift zur Sitzung des Bauausschusses vom 9. April 2013 mitgeteilt: „Kosten auf Basis Angebot“ steht dort geschrieben, in Beantwortung einer Anfrage von BIBS-Ratsherrn Dr. Wolfgang Büchs. Das könne wohl nicht ganz stimmen, erwidert ihm BIBS-Ausschussmitglied Henning Jenzen, auch dieser Kostenvorschlag beruhe doch lediglich auf einer Schätzung. Die Kopie aus der BIBS-Akteneinsicht belegt auch hier, dass die im Bauausschuss-Protokoll offiziell verbreitete Formulierung „Kosten auf Basis Angebot“ mindestens irreführend ist: Die Verwaltung selber hatte intern die „Kosten von voraussichtlich ca. 1,7 Mio. €“ für eine komplette Erneuerung der Fahrtreppen nachweislich nur „geschätzt“.
Da zu vermuten sei, dass die Verwaltung im Falle eines Mehrheitsbeschlusses den Antrag der BIBS-Fraktion nicht umsetzen werde, ziehe er den Antrag zurück, teilt Henning Jenzen am Ende der Debatte mit. Eine richtige Entscheidung, meint der Grünen-Fraktionsvorsitzende Holger Herlitschke und auch Sozialdemokrat Pesditschek ist der Auffassung, die Verwaltung sei ja hier „am Zuge“ und müsse etwas vorlegen, spätestens zum nächsten Haushalt. Die SPD werde dann aber in der Haushalts-Lesung einem Rückbau der Rolltreppen für 310.000 Euro ganz sicher nicht zustimmen, so Pesditschek, der sich auf eine weitere Debatte zu diesem Thema schon jetzt freut: „Das wird eine hochinteressante Ratssitzung!“
Lügt die Verwaltung beim Bohlwegtunnel?, braunschweig-spiegel vom 10.08.2013