Die BIBS-Fraktion hat in der Vergangenheit immer wieder die Erweiterung, Fortschreibung bzw. Erhöhung der Platzkapazitäten im Rahmen des “Konzeptes mit der Arbeit von verhaltensauffälligen und / oder entwicklungsverzögerten Kindern (VA/EV-Konzept)” beantragt. Nun scheint es zu einer für zufriedenstellenden Lösung des Problems, dass in der Vergangenheit nie alle Kinder, die vom jugendärztlichen Dienst als förderungsbedürftig festgestellt wurden, durch das VA/EV-Konzept auch wirklich gefördert werden konnten.
Durch die Anfrage der BIBS-Fraktion nach den aktuellen Zahlen für das Kindergartenjahr 2011/12 kommt nun heraus, das aktuell kein Handlungsbedarf besteht: Die Verwaltung antwortet in ihrer Stellungnahme, dass alle 74 Kinder, die als verhaltensauffällig und/oder entwicklungsverzögert festgestellt wurden, auch gefördert wurden. BIBS-Ratsherr Henning Jenzen zieht daraufhin den gestellten Antrag auf Anhebung der Platzkapazitäten im Rahmen des Konzeptes zurück.
Im Rahmen der Haushaltsberatungen 2011 hat die BIBS-Fraktion die zusätzliche Bereitstellung von Mitteln für das Kopnzept beantragt.
In der Sitzung des Jugendhilfeausschusses am 28.10.2010 sowie der Ratssitzung am 16.11.2010 hat die BIBS-Fraktion die Fortschreibung des VA/EV-Konzeptes beantragt. Der Jugendhilfeausschuss stimmte zu, aber die CDU/FDP-Mehrheit lehnte die Fortschreibung ohne weitere Begründung stur ab.
Bereits im Jugendhilfeausschuss am 04.11.2009 hatte die BIBS-Fraktion eine Anfrage gestellt und für den Haushalt 2010 die Bereitstellung der entsprechenden Mittel beantragt. Dieser Antrag wurde dort mehrheitlich angenommen. Der Stadtbezirksrat 310 (westliches Ringgebiet) hat in seiner Sitzung am 15.09.2009 eine erhöhte Förderung im Rahmen dieses Konzepts bereits mehrheitlich dem Rat zum Beschluss empfohlen. Der Rat lehnte den Haushaltsantrag ab.
Antwort der Verwaltung
Das VA/EV-Konzept als Maßnahme gegen soziale Benachteiligung
Das VA/EV-Konzept wurde bereits 1995 eingeführt, allerdings nur 2007 einmal fortgeschrieben.
Wenn der jugendärztliche Dienst feststellt, dass ein Kind Verhaltens- und/oder Entwicklungsauffälligkeiten (z.B. psychosomatische Reaktionen, geringe Konfliktfähigkeit, hyperaktive Verhaltensweisen) zeigt, kann die Kindertagesstätte, in die das Kind geht, einen besonderen Förderbedarf anmelden. Ebenfalls möglich: Die Reduzierung der Gruppenstärke bis auf 20 Kinder pro Gruppe und der stundenweise Einsatz einer zusätzlichen Fachkraft. Mit der Fortschreibung 2007 können 35 bis 40 Kinder pro Kindergartenjahr gefördert werden. Nach Ansicht der freien Träger ist dies viel zu wenig. Eine Anhebung auf 100 Plätze wäre angemessen.
Das VA/EV-Konzept kann ermöglichen, dass wesentliche Forderungen von ErzieherInnen nach mehr Zeit für Kinder, Gruppenreduzierungen und zusätzliche Einstellungen von PädagogInnen erfüllt werden, nur muss das Konzept mit ausreichenden Finanzmitteln ausgestattet werden. Gleichzeitig ermöglicht das VA/EV-Konzept durch die Berücksichtigung besonderer Einzugsgebiete, dass Kindern in sozial benachteiligten Gebieten die gleichen Zukunftschancen eingeräumt werden können. Diese so genannten “Bedarfsschwerpunkte” wurden 2007 in den Stadtbezirken Weststadt und dem westlichen Ringgebiet in das Konzept aufgenommen. Diese Bedarfsschwerpunkte müssen nach Ansicht der BIBS-Fraktion erweitert werden.
Workshop am 29.09.2009 im Jugendamt
Nicht erst der Workshop am 29.09.2009 über “Kindertagesstätten in sozial benachteiligten Stadtteilen” hat es gezeigt: In Braunschweiger Stadtteilen wie der Weststadt, dem westlichen Ringgebiet, Bebelhof, Rühme / Vorwerksiedlung, Siegfriedviertel / Schwarzer Berg, Nordbahnhof / Hochschulviertel und dem Bereich Innenstadt sind bereits Kindergartenkinder von sozialen Benachteiligungen betroffen. So leben laut Jugendhilfeatlas 2009 über die Hälfte aller Kinder unter 6 Jahren in der Weststadt von Hartz IV (Westadt/Süd 57,1%, Weststadt/Nord 50,7%)! Die genannten Gebiete können ohne weiteres als neue Bedarfsschwerpunkte in das VA/EV-Konzept mit einbezogen werden.
Im Kita-Alltag wirken sich soziale Indikatoren wie z.B. eine hohe Anzahl von Menschen mit Migrationshintergrund, Arbeitslosigkeit, ALG II-Bezug oder auch eine schlechte Zahngesundheit in den genannten Stadtteilen vor allem durch so genannte “Entwicklungsverzögerungen” bei Kindern aus: So berichten ErzieherInnen, dass z.B. Vierjährige noch nie feste Nahrung zu sich genommen hätten, viele Kinder extreme Konzentrationsschwierigkeiten aufwiesen, aggressiv seien usw.
Allerdings offenbarte der Workshop im Jugendamt auch, dass die Prioritäten der Stadt Braunschweig nicht auf dem Gebiet der besonderen Förderung sozial benachteiligter Kinder liegen: Gleich zu Beginn wurde unmissverständlich klargestellt, dass kein zusätzliches Geld für die auf dem Workshop erarbeiteten Lösungsvorschläge zur Verfügung gestellt werden könne.
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